Die Vanquish Story, Teil 3, die Karosserie

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Superman
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Die Vanquish Story, Teil 3, die Karosserie

Beitrag von Superman »

Die Vanquish Story, Teil 3

Der Verkaufserfolg am Anfang übertraf alle Erwartungen und man schien einer sonnigen Zukunft entgegen zu gehen. Über Nacht wurde aus dem Kutschenbauer (Coachbilder) ein Hersteller zeitgemäßer, sehr exklusiver Sport Grand Tourisme. Bis dato setzte man auf einen althergebrachten Stahlrahmen kombiniert mit einem Stahlrohrgestell (Superleggera) eine Aluminiumkarosserie.
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Nun fertigte man ein Fahrzeug komplett aus Aluminium; fast komplett. Bei den Türen besteht nur die Außenhaut aus Aluminium, das Innenteil aus Stahlblech. Auch der Hilfsrahmen der Vorder- sowie der Hinterachse und die Federdomstützen bestehen aus Stahl. Weitere, aus Aluminium gefertigte, Karosserieteile sind die Motorhaube, die vorderen Kotflügel, die hinteren Seitenteile, das Dach und der Kofferdeckel.

Diese Teile wurden jedoch nicht mehr, wie bisher üblich von Hand getrieben, sondern wurden nach dem aus der Luftfahrt bekannten „Super Form“ Prozess hergestellt. Hierbei wird das Blech bis nahe seinem Schmelzpunkt erhitzt und dann in die Form gepresst. Dieses Verfahren benötigt weniger Kraft um das Blech zu formen, woraus weniger Rückverformung resultiert. Daraus wiederum ergibt sich eine höhere Formgenauigkeit und Qualität als bei der Kaltverformung.

Nach Anlieferung der Teile bei Aston Martin wurden diese mittels Schablonen auf Maßhaltigkeit geprüft. Wo nötig wurden sie von den hauseigenen Karosseriebauern nachgearbeitet.

Es kamen aber noch andere Materialien zum Einsatz. So wurden zum ersten Mal Teile aus Kohlefaser in die Chassisstruktur eingefügt. So bestehen die vordere und hintere Crashstruktur, sowie der Kardantunnel und die A-Säulen aus Kohlefaser.

Der Materialmix dieser Karosseriestruktur wurde unter Anderem gewählt um alle Nordamerikanischen Auflagen bezüglich des Crashverhaltens zu erfüllen. Dank der vorderen Crashstruktur konnte dies gewährleistet werden. Sie erfüllt die folgenden Aufgaben:

Sie nimmt alle Kräfte eines Frontaufpralls auf.
Der aus Stahl gefertigte vordere Hilfsrahmen trägt den Motor und verteilt gleichzeitig die Kräfte im Falle eines Aufpralls.
Aus Karbon gefertigte, bis vor den Motor reichende und im Federdom verklebte Stehwände (crash rails) nehmen die Hauptenergie eines Frontaufpralls auf.
Die Stehwände sind in Sektionen aufgeteilt. Nach Aufnahme der Energie zerfällt die erste Sektion und die nächste übernimmt deren Funktion.
Die Stehwände nehmen mit nach hinten zunehmender Zerstörung mehr Kraft auf.

Der Kofferboden, die hintere Crashstruktur, arbeitet nach demselben Prinzip
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Die inneren Seitenteile werden aus einem Verbundwerkstoff hergestellt, kein üblicher GFK (Glasfaser verstärkter Kunststoff). Es handelt sich um ein von Ford entwickeltes Verfahren, genannt „Ford Automated Preforming Process“ (FAPP) und wurde zu dieser Zeit exklusiv für den Vanquish genutzt. Keine andere Industrie, inklusive der Luftfahrt, verfügte über dieses System.

FAPP nutzt eine Computer gesteuerte Pistole, welche Glasfasern in die Karosserieform spritzt. Hierdurch kann die Menge in den unterschiedlichen Bereichen entsprechend den Anforderungen variiert werden. Dies bedeutet ich kann bestimmte Bereiche eines Teils, wo nötig verstärken und andere bereiche zur Gewichtsersparnis mit geringerem Glasfaseranteil versehen ohne die Stabilität zu beeinträchtigen. Da dieses System computergesteuert ist, sind die produzierten Teile 100% identisch und gewähren somit höchstmögliche Qualität. Bei herkömmlichen, von Hand, mit Matten gefertigten Teilen ist dies nicht der Fall.
Vanquish Chassis Struktur
Vanquish Chassis Struktur
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Im Bereich der Karosserie war man zu dieser Zeit einer der fortschrittlichsten Automobilhersteller.

Das revolutionärste jedoch ist, dass die gesamte Karosserie geklebt und nicht verschweißt ist. Es wird hierzu ein Klebeverfahren aus der Luftfahrt verwandt. Die Verwendung der unterschiedlichsten Materialien und das Verkleben dieser, macht auch ungewöhnliche Reparaturmethoden notwendig. Aston Martin hat hierzu Stützpunkthändler, sogenannte „CAT-A“ Bodyshops, etabliert. Nur diese Händler sind mit den speziellen Eigenheiten dieser Fertigungsmethode vertraut und dürfen Reparaturen an der Karosseriestruktur, den verklebten Teilen, vornehmen.

Wichtig zu wissen ist, dass Reparaturen an der Crashstruktur, d.h. an den Karbonteilen absolut unzulässig sind. Viele Leute denken wenn sie an aufgesplitterten Karbonteilen auch Glasfasern sehen, dass der Schaden mittels Matte und Harz reparabel ist. Dies ist ein massiver Irrtum. Die Crashstrukturen bestehen aus einer Mixtur von Glas und Kohlefaser und haben einen ganz speziellen Aufbau. Sie können einen Aufprall nur einmal absorbieren und es ist nicht möglich die Struktur durch Reparatur wieder herzustellen. Sie müssen ersetzt werden!
Um unsachgemäßen Reparaturen vorzubeugen, liefert Aston Martin Strukturteile auch nur an CAT-A Bodyshops.

Leider werden Unfallfahrzeuge aus Kostengründen immer wieder in freien Werkstätten repariert. Das Resultat ist oftmals eine optisch einwandfreie aber technisch unverantwortliche Reparatur denn an der Crashstruktur kann leicht das eigene Leben hängen!

Fortsetzung folgt
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